24.11.2014

Ab in die Heide!

von Peter Springer

Heidepflanzen gehören zu den beliebtesten Beet- und Balkonpflanzen. Calluna vulgaris und Erica gracilis dominieren das Sortiment. Von ihnen werden jährlich zwischen August und Oktober mehr als 100 Mio. Pflanzen vermarktet.

Calluna und Erica gelten als Leitkulturen für den Pflanzenverkauf in der Herbstsaison. Auch wenn die Marktsituation aufgrund gestiegener Produktionszahlen und stagnierender Nachfrage nicht immer zufriedenstellend ist, lassen sich die Pflanzen dennoch gut verkaufen. Das hängt unter anderem mit ihrem positiven Image zusammen: Mit ihren warmen Farben verkörpern sie den goldenen Herbst und mit ihrem robusten Aufbau sowie den filigranen Blüten stehen sie für Einfachheit und Natürlichkeit.

Lange Zeit wurde das Sortiment von der Erica gracilis angeführt. Doch dann hat sie aufgrund von Überproduktion und Dumpingpreisen an Image einbüßen müssen. Infolge ihrer häufigen Verwendung auf Gräbern ist sie zudem als Friedhofspflanze abgestempelt worden, was vor allem das jüngere Publikum vom Kauf abgehalten hat.

Von der Schwäche der Erica gracilis profitiert das Sortiment der Calluna. Die Besenheide zeigt eine große Bereitschaft zu spontanen Erbveränderungen. Dies, gepaart mit der leichten Anzucht aus Samen, ließ in der Vergangenheit eine Vielzahl von Sorten entstehen, deren Blütenflor von Juli bis November und Pflanzenhöhe zwischen 5 und 30 cm variiert.

Sie unterscheiden sich hauptsächlich in Blütenfarbe und -füllung, aber auch in abweichenden Wuchsverhalten und Blütezeitpunkten. Des Weiteren sind inzwischen auch unterschiedliche Laubfärbungen im Sortiment, die reizvolle Kombinationen im Garten, auf dem Friedhof und der Gefäßbepflanzung zulassen.

Insgesamt sind von der Besenheide fast 1 000 verschiedene Sorten entstanden, die grob vier Gruppen zugeordnet werden können:

- einfachblühende Sorten

- gefülltblühende Sorten (bei ihnen sind Teile der Blüte zu Blütenblättern umgewandelt)

- Knospenblüher (sie blühen nicht auf, sondern behalten lange Zeit ihre farbige Knospe)

- laubfärbende Sorten ohne Blüten

Die einfachblühenden Sorten mit grünem Laub stehen der Urform am nächsten und sind besonders widerstandsfähig. Gefüllte Sorten reagieren bei früh einsetzendem Frost leicht mit braunen Blüten. Allerdings blühen sie im Gegensatz zu den nach der Bestäubung rasch welkenden einfachen Sorten wesentlich länger. Besonders widerstandsfähig gegen wechselfeuchte, kalte Witterung sind die Knospenblüher. Sie zeigen oft den ganzen Winter über ihre Farbe. Sorten mit farbigem Laub wachsen nicht so rasch wie grünlaubige Pflanzen. Dies hängt mit dem geringeren Chlorophyllgehalt der Blätter zusammen. Weiterhin benötigen buntlaubige und zwergige Sorten weniger Nährstoffe. Gelblaubige Sorten können bei langanhaltenden Kahlfrösten braune Trockenschäden zeigen. Gehen diese Sorten mit einer Herbstfärbung in den Winter, dann ist die Gefahr bei Forst nicht ganz so stark ausgeprägt. Dafür sorgen die im Blatt angereicherten Farbstoffe.

Knospenblüher auf Erfolgskurs

Das Sortiment der Calluna wird eindeutig von den Knospenblühern angeführt. Andere Formen sind nur im Randsortiment zu finden.

Vielleicht ändert sich das in Zukunft ein wenig, wenn die Bedeutung der einfachblühenden Sorten für die Bienen und andere Insekten mit einbezogen wird. Die Bestäubung dieser Heidepflanze erfolgt im Wesentlichen durch Insekten. Hauptarbeit verrichten dabei die Bienen, so dass die Besenheide als ausgesprochene Bienenweide (Heidehonig!) bezeichnet werden kann. Bei den Knospenblühern hingegen sind die Blüten verschlossen und für Bienen daher wertlos.

Den Markt der Knospenblüher teilen sich im Wesentlichen die beiden Züchter Kurt Kramer mit seinen "Garden Girls" und Henk Hoekert mit seinen "Beauty Ladies".

Kurt Kramer war einer der ersten, der aus der Knospenmutation der Besenheide ein Markenkonzept entwickelte. 1974 startete er die ersten Kreuzungsversuche, um das Sortenspektrum der Heidepflanzen zu verbessern. Nach der Einführung einiger konventioneller Sorten begann 15 Jahre später mit der weißblühenden Sorte `Melanie´ die Ära der Knospenblüher. Die Knospenmutation an der Besenheide gibt es allerdings schon längere Zeit und wurde bereits 1903 beschrieben. Heute führt ein Züchterteam die Arbeit weiter, bestehend aus Kurt Kramer im Ammerland, Helmut Hiedl im Allgäu und Johannes van Leuven am Niederrhein. Die Dezentralisierung der Züchtung sorgt dabei für eine noch stärkere Anpassung der Sorten an das jeweilige Klima und die regionalen Besonderheiten. Im Laufe der Jahre ist es auch bei den "Garden Girls" zu einer kaum überschaubaren Sortenvielfalt gekommen. 2012 wurden deshalb zur besseren Orientierung des Handels neben dem Hauptsortiment (Verkauf ab Anfang September bis Mitte Oktober) die Segmente "Summer Line" (für den frühen Verkauf ab Mitte August) und "Late Line" (für den späten Verkauf ab Anfang Oktober) eingeführt. Die "Sunset-Line" fasst Sorten mit intensiver Laubfarbe zusammen. In jüngster Zeit werden auch besondere Wuchsformen in einer Gruppe zusammengefasst. So bilden die Sorten `Nelly´ in Lila und `Claire´ in Weiß die "Knospenzwerge". Beide zeichnen sich durch ihren hängenden Wuchs aus und kommen gestalterisch besonders zur Geltung.

Die Produktion der "Garden Girls" übernehmen ausgesuchte Spezialbetriebe (derzeit über 200 Lizenznehmer in Deutschland). Wert wird hier vor allem auch auf die regionale Produktion mit kurzen Vermarktungswegen gelegt. Angeboten werden die Pflanzen in der Regel in Töpfen von 10 bis 13 cm Durchmesser und zu mehreren Sorten in einem Topf von 11 bis 23 cm unter der Bezeichnung "Twingirls", "Trio-Girls" und "Quattro-Girls". Als Besonderheit gelten die "Mini-Girls" in kleinen Töpfen von nur 6 cm.

In den Jahren 1990 bis 2000 entstand ein weiteres Knospenblüher-Sortiment, ausgehend von der Sorte `Dark Beauty´ des niederländischen Züchters Henk Hoekert (Eden's Creations B.V., Wezep). Gemeinsam mit dem deutschen Zierpflanzenproduzenten Gerd Canders aus Straelen (Europlant Canders GmbH) entstand daraus das Calluna-Sortiment der "Beauty Ladies". Auch hier hat sich das Sortiment inzwischen erheblich ausgeweitet. Heute stehen dem Markt rund 40 Sorten zur Verfügung. Die intensive Züchtungsarbeit hat dazu beigetragen, dass die Sorten über eine höhere Krankheitsresistenz und Haltbarkeit sowie bessere Leuchtkraft und Einheitlichkeit verfügen. Weitere Zuchtziele liegen in einem noch dichteren Knospenbesatz und in der Vermeidung von grünen Spitzen. Callunen neigen allgemein dazu, die Terminale nicht mit Blüten abzuschließen, sondern mit einem grünen Trieb über den Blütenbesatz hinaus zu wachsen. Neben der Zuchtarbeit ist hier auch der Kultivateur gefragt. Anbaumethoden und Kulturführung können dazu führen, das Durchwachsen der Pflanzen zu verringern.

Das "Beauty Ladies"-Sortiment wird in Verkaufszeiträumen von August bis Oktober und in die fünf Pflanzenformen flach, halbaufrecht-kompakt, halbaufrecht, aufrecht und buschig eingeteilt. Darüber hinaus wird für jede Sorte die Stärke des Knospenbesatzes angegeben. Um vor allem die lange Haltbarkeit in den Vordergrund zu stellen, wurde innerhalb des Sortiments die "Long Life"-Serie etabliert. Das sind ausgesuchte Sorten, die auf ihre lange Blütezeit hin gezüchtet und getestet wurden. Sie verlängern die Verkaufssaison ab Oktober um ein Weiteres. Als jüngster Spross der Knospenblüher-Familie gilt die "Skyline"-Serie mit inzwischen acht Sorten. Hierbei handelt es sich um farbige Strukturpflanzen, die mit einer intensiven Laubfärbung und außergewöhnlich dicken, quadratischen Trieben auf sich aufmerksam machen.

Auch bei den "Beauty Ladies" ist der Trend zur Farbkombinationen in einem Topf im vollen Gange. Die Serie "Starline" bietet einige zwei- und dreifarbige Variationen. Mit dem Produkt "High Five" gibt es nun sogar eine fünffarbige Kombination aus `Michelle´ (hellrosa), `Laura´ (dunkles Lila), `Sanne´ (leuchtendes Rot), `Verenka´ (weiß) und der neuen Skyline-Sorte `Barcelona´ mit gelber Laubfarbe. Bei den Strukturpflanzen machen die "Skyline Twins" mit den Sorten `Sydney´ in Gelb und `Stockholm´ in dunkelgrün den Anfang.

Belebung bei den Gracilis

Auch wenn bei den Heidepflanzen nur von der Calluna die Rede ist – die gute alte Erica gracilis gibt es noch. Die letzte Herbstsaison zeigte, dass sich der Abwärtstrend inzwischen stabilisiert hat. Die Pflanzen werden wieder gekauft und gelten bei manchem sogar wieder als Alternative zu den allseits präsenten Calluna. Dabei steht vor allem die Farbwirkung im Vordergrund, die von kaum einer anderen Heidepflanze erreicht wird. Die Haltbarkeit ist in dem Fall dann zweitrangig.

Die Erikenzüchtung begann im 19. Jahrhundert mit zahlreichen Sorten durch Zufallssämlinge. 1929 entstand die Sorte `Glasers Rote´, die noch bis heute im Anbau ist. Erst 1983 gelang die gezielte Kreuzung von Erica globularis x `Glasers Rote´. Sämlingspflanzen dieser Kreuzung wurden dann mit der Wildform von Erica gracilis wieder eingekreuzt. Hieraus sind die "Schweden Sorten" hervorgegangen. Sie wurden speziell für den Absatz in Skandinavien ausgesucht, daher dieser Begriff. Erst nach Einkreuzung mit Wildformen aus Südafrika konnten dann wesentliche Verbesserungen verzeichnet werden. Das Ergebnis sind die "Beauty Queens", ein Gemeinschaftsprojekt der deutschen Gartenbaubetriebe Holz (Weeze) und Manten (Geldern). Die Sorten dieser Serie tragen alle den Namen einer Königin, z.B. Sylvia, Elisabeth, Beatrix, Sissi oder Juliana. Sie zeichnen sich durch eine gute Bewurzelung, dicht belaubte Triebe und einen kompakten, stabilen Aufbau aus. Außerdem verfügen sie über eine bessere Wüchsigkeit, zeigen weitaus weniger das Durchwachsen der Triebspitzen und bilden einen dichten, häufig auch kolbenförmigen Blütenbesatz. Den Züchtern ist es zudem gelungen, die Farbpalette mit zarten und kräftigen Rosatönen, Lachs sowie hellem und dunklem Rot zu erweitern. Eine gelblaubige Sorte mit weißen Blüten ist ebenfalls im Programm und demnächst sollen auch die kerzenförmigen "Beauty Queens" in Weiß zur Verfügung stehen.

Auch bei den Erica gracilis hat der Trend zu den bunten Töpfen Einzug gehalten, beispielsweise mit den "Beauty Twins" aus Rot und Weiß oder als "Quattro" mit vier Farben. "Beauty Queens" werden im 12 cm-Topf angeboten. Dabei handelt es sich um einen bedruckten grünen Deko-Topf mit goldenem "Beauty Queens"-Logo, EAN-Code und mehrsprachigen Pflegetipps. Minipflanzen im 7 cm-Topf ergänzen das Angebot.

"MisterLine" ist bei den Erica gracilis eine weitere Serie, die in letzter Zeit verstärkt in den Markt gelangt. Bei den Züchtungen von Peter Dettmer aus Sassendorf haben wir es mit leuchtenden Blütenfarben von dunkelrosa, hell- und dunkelrot bis hin zum strahlenden Weiß zu tun. Das Sortiment umfasst derzeit sechs Sorten, die sich durch einen kompakten Wuchs, eine lange Haltbarkeit und gute Fernwirkung auszeichnen.

Wie auch bei den "Beauty Queens" gibt es zu der "MisterLine"-Serie entsprechendes Werbematerial, um auf die Pflanzen im Einzelhandel aufmerksam zu machen.

Es gibt auch Alternativen

Inzwischen bereichern weitere Erica-Arten das Sortiment. Neben den bekannten wie Erica carnea (Schneeheide), Erica cinerea (Grauheide), Erica darleyensis (Englische Heide), Erica tetralix (Glockenheide) und Erica vagans (Cornwallheide) ist das die Erica arborea, die einige Produzenten als Alternative zur Erica gracilis im Sortiment führen. Es ist also sinnvoll, Heide in einem großen Artenspektrum anzubieten und sich nicht nur auf Calluna zu konzentrieren. Interessante Alternativen sind zudem Arten, die zu Calluna und Erica passen wie die Daboecia (Irische Moorheide), Bruckenthalia (Siebenbürgenheide), Cassiope (Schuppenheide) oder Phyllodoce (Blauheide). Oder auch andere Moorbeetpflanzen, die den Heidepflanzen ähnlich sind wie Pernettya, Pieris, Gaultheria, Empetrum, Andromeda, Enkianthus oder Ledum. Mit der Vielfalt stärkt der Handel seine Fachkompetenz und setzt sich damit deutlich vom Mitbewerber ab.