Die Pfalz ist stabil aufgestellt

Reinhard Oerther (l.) und Hans-Jörg Friedrich, Vorstand Vertrieb und Vorstand Verwaltung des Pfalzmarkts, sowie Aufsichtsratsvorsitzender Christian Deyerling (M.) zeigten sich in sicherem FahrwasserFoto: Pfalzmarkt
Ende April startet die Pfalzmarkt eG schon traditionell mit einer Pressekonferenz in die Frischgemüse-Saison. So auch 2024, einem Jahr, in dem Gemüse aus Pfälzer Böden so früh wie fast noch nie im Februar in den Handel kam. Umsatz und Produktionsmengen des Markts bewegen sich in ruhigem Fahrwasser. Steigende Kosten belasten die Anbauer.
Die Bilanz werde sich, so die Erwartung von Verwaltungsvorstand Hans-Jörg Friedrich, für das Jahr 2023 auf dem Niveau von 2022 einpendeln – auf 252 Mio. €. Auch bei der Produktionsmenge gebe es keine Ausschläge. Sie liege bei 200 000 t. Die Zahl der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen schwanke jährlich leicht durch Zu- und Abgänge, liege aber mit 200 auf dem Niveau des Jahrs zuvor.
Dagegen halte die Abwärtsbewegung bei der Zahl der aktiven Erzeuger an. Anstelle von 100 im Vorjahr seien 2024 nur noch 90 übrig. Wo denn die untere Marke erreicht sei, fragte sich Friedrich, und antwortete selbst: „Wir rechnen mit 50 Betrieben.“ Auch die bewirtschaftete Fläche zeige nach unten: Sie sank von 2022 auf 2023 von 13 000 ha auf 12 000 ha. „Je nach Kultur ist das mal mehr oder weniger stark“, ergänzte der Vorstand. Die Flächen, die ein Betrieb bearbeitet, nehmen zu.
Bündelung der Vermarktung
Interne Änderungen gab es bei den Vertriebsstrukturen der Vermarktungseinrichtung. Der Vertrieb von bisher fünf Tochterunternehmen wurde in der Vertriebstochter „Gemüsegarten RheinPfalz GmbH“ gebündelt. Marken, Logistik und Dienstleistungen und Zukäufe werden zusammengefasst. Die bekannten Vertriebsmarken „PfalzFresh“ und „Pfalzmarkt Logistik und Dienstleistung“ bleiben erhalten. Seit 2023 liefert der Pfalzmarkt damit nicht mehr direkt an Händler, sondern alles läuft über den „Gemüsegarten“. Das erleichtere das Handling.
Die Investitionen haben sich nach Abschluss und Inbetriebnahme von Halle 4 im Jahr 2022 wieder eingependelt und waren 2023 mit 8 Mio. € veranschlagt. Auf Fertigstellung wartet seit Monaten die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach. Der Grund ist ein fehlendes Bauteil, um den Strom auf Niederspannung herunterzuregeln. Zuletzt wurde dessen Lieferant insolvent. Aber im Juni 2024 soll endgültig alles in Betrieb gehen können.
Nachhaltigkeit gibt’s nicht umsonst
Ab dem Jahr 2025 müsse der Pfalzmarkt eine Nachhaltigkeitsstrategie vorlegen, in der festgehalten wird, welche Geschäftsbereiche Einfluss haben auf Nachhaltigkeit, C02-Fußabdruck und soziale Bereiche. Dafür benötigtes Geld würde man gerne zurückverdienen. Das sieht Friedrich als schwierig an.
Mit dem Projekt „Pfalzmarkt schafft Artenschutz“ mit wissenschaftlicher Begleitung habe man in vier Jahren auf mittlerweile neun – insgesamt fast 7,5 ha umfassenden – Flächen einiges erreicht und viele Insekten angezogen. Aufgrund der geltenden Vorschriften müssen die Flächen aber nach fünf Jahren wieder umgebrochen werden, damit sie weiter landwirtschaftlich genutzt werden dürfen.
Extrem früher Start in die Saison
Seinen Stolz über die neuen Entwicklungen des Pfalzmarkts ließ Vermarktungsvorstand Reinhard Oerther durchscheinen. Die neue, 30 000 m² große Vermarktungshalle sei einzigartig und eine „Plattform für Europa“.
Die Saison in der Pfalz sei in diesem Jahr Anfang März mit Lauchzwiebeln gestartet – „so früh wie selten zuvor“, sagte Oerther. Mit guter Qualität und guten Mengen konnte man zu diesem Zeitpunkt Bundzwiebeln schlechter Qualität aus Ägypten im Handel ersetzen. Radies starteten danach auch außerordentlich früh in guten Qualitäten. Spinat, Spargel, Salate folgten. Trotz Windschäden an den Folien blieben die Aberntequoten bei Salaten im Plan. Im aktuellen Gemüsekorb lagen Ende April neben den genannten Gemüsearten noch Kohlrabi, Rhabarber und Erdbeeren. Als Top drei führen Radies (46 Mio. Bund), Bundzwiebeln (42 Mio. Bunde) und Suppengrün (17 Mio. Stück) die Gemüsehitliste an.
War der Pfalzmarkt früher „blumenkohllastig“, so habe mittlerweile die Vielfalt Einzug gehalten, betonte der Vertriebsspezialist. Durch eigenen Zukauf bei Partnern in ausländischen Gebieten habe man die Steuerung im Handel in der Hand und könne mitbestimmen über den Einstieg und Ausstieg heimischer Saisonware im Lebensmittelhandel. Es sei nachhaltig, dass heimisches Gemüse dann in den Handel gelange, wenn es geerntet wird. Mit den Lebensmitteleinzelhändlern komme man mittlerweile zusammen, um über Jahresplanungen zu reden. Mit den Zukäufen im Winter ist der Pfalzmarkt zwölf Monate lang lieferfähig.
Damoklesschwert steigende Kosten
Der Mindestlohn belastet die Produzenten sehr. Darauf wies der Aufsichtsratsvorsitzende Christian Deyerling hin. Nur noch Luxemburg, die Niederlande und Irland hätten höhere Mindeststundenlöhne als die momentan gültigen 12,41 € bei uns, dagegen erhalten die Saisonkräfte in Griechenland gerade mal 4,41 € , in Portugal 4,85 € und in Italien gebe es überhaupt keine Vorgaben. Seine Befürchtung ist, dass dadurch Kulturen und Betriebe hierzulande verloren gehen.
Inflationsbedingt wuchsen zuletzt zudem die Pachten, Kosten für Betriebsmittel und Verpackungen. „Die gehen auch nicht mehr runter“, meinte Deyerling. Die Versorgungssicherheit sei wie die Forderung nach einer nachhaltigen Produktion ein Lippenbekenntnis, die Politik tue aber nichts, um den Anbau vor Ort zu halten, richtete er kritische Worte an die Politiker. Die zunehmende Trockenheit in Südeuropa zeige auch, wie wichtig eine verbrauchernahe Produktion in der Pfalz sei.
Dass die Pfalz verhältnismäßig gut aufgestellt sei, habe man sich hart erarbeitet durch frühzeitigen Einstieg in die Ernteverfrühung und Beregnung, durch Entwicklung neuer Technologien und Weitergabe von Wissen über Generationen hinweg. Aber ausruhen ist nicht. „Wir müssen tagtäglich dranbleiben und alles immer wieder neu überdenken“, so der Praktiker Deyerling. Erfreulich sei, dass neue und junge Erzeuger als Mitglieder gewonnen werden konnten.
Eines spricht für den Gemüsebau: Gemüse entspreche in idealer Weise dem Megatrend zu weniger Fleisch- und mehr Gemüsekonsum. „Nah und frisch kommt immer mehr in die Köpfe und ins Bewusstsein“, schloss Deyerling mit einer optimischen Aussage.
Doris Ganninger-Hauck
(Artikel aus GP 06/24)