11.06.2024

Topfpflanzen angepasst düngen

Violen mit 50 % P-reduzierter Düngung im Versuchszentrum Gartenbau Straelen
Foto: Aldenhoff

Weniger ist mehr!? Kann das stimmen, wenn es um die Düngung von Topfpflanzen geht? Dem Thema „Nährstoffe im Produktionssystem“ war beim diesjährigen Straelener Topfpflanzentag ein ganzer Vortragsblock gewidmet.
Nachdem Dr. Karsten Lindemann-Zutz von der Landwirtschaftskammer NRW über rechtliche Vorgaben zu Düngung und Wasserschutz informiert hatte, stiegen die Kollegen aus Zierpflanzenberatung und Versuchswesen in die Düngepraxis ein. „Kulturangepasste Nährstoffplanung als Grundlage für die Düngung“ lautete das Thema von Elke Mattheus-Staack. In ihrem Vortrag erinnerte die Zierpflanzenberaterin an die Basics der Pflanzenversorgung.

„Kulturangepasst“ heißt, dass sowohl Mangel- als auch Überschusssymptome an der Pflanze vermieden werden sollten. Auch sei der Nährstoffbedarf abhängig von Pflanzenart und -größe. Eine Rolle spielt bei der Nährstoffversorgung nicht nur das Düngemittel, sondern auch Substratbeschaffenheit und Gießwasserqualitäten. Entscheidend für die Dosierung ist auch die Topfgröße. Anhand des Beispiels eines 13-cm-Topfes zeigte die Referentin auf, dass die Volumina je nach Hersteller und Modell für einen so genannten „13er Topf“ zwischen 750 und 1 000 ml schwanken können. Und nicht zuletzt habe das Bewässerungsverfahren Einfluss auf die Wasseraufnahme und spiele somit eine Rolle bei der flüssigen Nachdüngung.

Düngebedarf berechnen

Topfpflanzenberaterin Heike Ferfers informierte über Grunddaten und Berechnungen für eine bedarfsorientierte Düngung. Zu berücksichtigen sind der Düngerbedarf der Kultur, das Substratvolumen je Topf, Nährstoffe aus Gießwasser und Substrat sowie die Wasseraufnahme und Gießfrequenz. Gerade bei organischen Torfersatzstoffen gebe es Komponenten wie beispielsweise Grüngutkompost, die von sich aus schon einzelne Nährstoffe oder Ballastsalze (Natrium, Chlorid, Sulfat) in hohen Mengen enthalten können. Auch beim Gießwasser unterscheiden sich die Qualitäten erheblich, je nachdem, ob es sich um Stadtwasser, Regen- oder Brunnenwasser handelt. Analysen sind hier unerlässlich.

Anhand von Beispielsberechnungen für eine Kultur von 10 000 Sanvitalia procumbens im 13-cm-Topf für unterschiedliche Gießwässer und Substrate machte die Referentin deutlich, dass sich bei genauer Berücksichtigung aller Faktoren teilweise bis zu 33 % Düngemittel einsparen lassen. Das ist nicht nur wirtschaftlich interessant, sondern bringt auch robustere Pflanzen und schont die Umwelt.

Nährstoffangepasste Düngung

Mit der „nährstoffangepassten Düngung“ von Topfpflanzen beschäftigt sich das Versuchswesen in Straelen, wie Versuchsleiter Peter Tiede-Arlt berichtete. „Nährstoffangepasst“ heißt, dass weniger gedüngt wird. Besonders im Fokus steht dabei der Nährstoff Phosphor. Limitierte weltweite Vorräte und mögliche Umweltpro­­bleme sowie der Kostenfaktor regen zum Umdenken an. Zumal Pflanzen deutlich weniger Phosphor benötigen, als gedüngt werde, wie der Referent anmerkte; die Empfehlungen stammten häufig noch aus der Nachkriegszeit.

Seit 2022 laufen daher am Versuchszentrum Gartenbau Straelen umfangreiche Versuche zur Phosphor-Reduktion in der Produktion von Beet- und Balkonpflanzen, Sommertopfpflanzen, Frühjahrsblühern, Stauden, Calluna und Hydrangea. Dabei wurde eine Variante mit üblicher Standarddüngung (P 100 %)verglichen mit zwei P-reduzierten Varianten (P 50 % und 25 %) sowie einer Biovariante mit ebenfalls P 25 %.

Tiede-Arlt fasste die Ergebnisse so zusammen: „Die Phosphordüngung konnte in allen geprüften Kulturen um mindestens 50 % ohne Qualitätsverluste reduziert werden. Sorten reagierten teilweise sehr unterschiedlich. Tastweise wurden gute Erfahrungen mit Kompost als P-Quelle gemacht.“ Bei den Kulturen mit langer Standzeit wie Calluna, Hydrangea und Helleborus seien noch weitere Versuche notwendig.

Wachstum hemmen mit P-Entzug

Ein weiterer Versuch wurde mit Hydrangea macrophylla gefahren, denn diese Kultur ist dafür bekannt, dass sie auf P-Entzug mit kompaktem Wachstum reagiert. Getestet wurde, ob dieser Effekt nutzbar für die Einsparung chemischer Hemmstoffe ist. Da auf dem europäischen Markt allerdings keine Mehrnährstoffdünger mit reduziertem P-Gehalt (< 5 %) verfügbar sind, wurde in den Versuchen der Phosphor mit Hilfe des Aluminiumoxids Compalox gebunden, erläuterte Tiede-Arlt.

Im Versuch standen die Sorten `Caipirinha´ und `Early Blue´ in mehreren Jahren. Bei beiden Sorten erzeugte die P-Reduzierung erwartungsgemäß kompaktere Pflanzen, die zum Verkaufszeitpunkt vergleichbare Qualitäten lieferten wie die Standardvariante mit 100 % P und Hemmstoffeimsatz. Es lasse sich also Phosphor einsparen. Die pH-Steuerung sollte wegen ihres Einflusses auf die Blütenfarbe berücksichtigt werden. Auch bei Hydrangea paniculata (Rispenhortensie) wurde mit Compalox experimentiert, es hatte bei dieser Kultur allerdings keinen Effekt auf das Längenwachstum.

Gesamte Düngermengen reduzieren

Der Versuchsleiter ging noch einen Schritt weiter und machte da­­rauf aufmerksam, dass generell bei vielen Kulturen die gesamte Düngermenge reduziert werden könne. Zwar werde oft nach dem visuellen Erscheinungsbild der Pflanzen gedüngt, aber häufig seien sie dann zu üppig ernährt. Nochmals am Beispiel Hydrangea paniculata wurde in einem Versuch geklärt, wie viel Stickstoff in der Rohware-Phase tatsächlich benötigt wird. Dazu wurde zunächst in Praxisbetrieben die übliche N-Versorgung abgefragt.

Im Versuch gab es die Variante „high“ mit 1 286 mg N/Topf und die Variante „low“ mit 934 mg N/Topf. Grundversorgt wurden die Pflanzen mit Depotdünger und nachgedüngt wurde dann über das Dosatron auf das entsprechende Düngeniveau. Zum Ende der Rohwarekultur zeigten sich die weniger gedüngten Pflanzen deutlich kleiner als die standardmäßig gedüngten. Zum Zeitpunkt der Blüte standen die geringer versorgten Pflanzen in der Blütenzahl aber den Standardpflanzen nicht nach und hatten sogar einen schöneren kompakten Aufbau. Fazit des Referenten: „Das Niveau der Düngung kann abgesenkt werden, ohne dass die Qualität der Hortensien sichtbar leidet. Insgesamt konnten wir in den letzten zehn Jahren gemeinsam mit den Hortensiengärtnern die Gesamtdüngermengen halbieren, ohne Qualitätsverluste zu erleiden. Somit konnten Kosten und Nährstoffverluste deutlich reduziert werden. Dies lässt sich auf viele andere Kulturen übertragen.“

Containerpflanzen organisch düngen?

An der LVG Bad Zwischenahn hat man sich mit der organischen Düngung von Baumschulpflanzen im Container als Alternative zu Depotdüngern beschäftigt. Hintergrund ist eine Verordnung, dass die bisherigen Kunststoffhüllen für Depotdünger ab 2026 in der EU und ab 2028 auch für in Deutschland hergestellte Düngemittel nicht mehr zulässig sind, erläuterte Heinrich Beltz, Versuchsleiter Baumschule der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Allerdings seien schon vielversprechende Alternativen in Entwicklung, so dass es voraussichtlich auch künftig noch Depotdünger geben wird. Die Bio-Produktion schließt Mineraldünger jedoch aus; auch ein Grund, sich mit organischer Düngung zu befassen, denn auch Baumschulware, insbesondere Fruchtgehölze, werden zunehmend biologisch produziert.

Übliche organische NPK-Dünger wirken nur etwa zwei bis drei Monate lang, in Baumschulkulturen müsse daher nachgedüngt werden, außerdem seien sie verhältnismäßig teuer. Gute Erfahrungen habe man in Bad Zwischenahn mit Horndüngern als preisgünstige Alternative gemacht. Zu beachten sei dabei, dass bei Horndüngern gegenüber den üblichen Düngemengenangaben etwa 50 bis 80 % mehr Stickstoff gedüngt werden müsse. In Versuchen standen Arten wie Ribes, Thuja und Prunus in Containern, bei denen mit entsprechender Dosierung mit Hornspänen – auch in Kombination mit organischen NPK-Düngern – vergleichbare Ergebnisse wie mit mineralischem Depotdünger erzielt wurden.
Im vergangenen Jahr wurde erstmals ein Versuch mit Callunen gefahren, aber ohne Vollbevorratung, sondern als Teilbevorratung mit mehrfacher Nachdüngung. In 100 % Torfsubstrat zeigten sich kaum Unterschiede in den Verkaufsqualitäten, ob mit mineralischem Depotdünger oder mit organischem NPK-Dünger plus Hornspänen gedüngt wurde. Wurden im Substrat 10 % durch Kompost ersetzt, gab es etwas mehr 2.-Wahl-Qualität bei der Variante mit feinen, also schnell wirkenden Hornspänen ohne organischen NPK-Dünger.

Unterm Strich hat man in Bad Zwischenahn gemeinsam mit Praktikern aus umliegenden Baumschulen die Erfahrung gemacht, dass sich bei Gehölzen gute Ergebnisse mit der Zumischung von 10 % Kompost ins Substrat (Holzfasern + Torf) und 8,0 g/l Hornspäne erzielen lassen. In einem Versuch zur Stickstoff-Freisetzung verlief die Kurve über die Zeit bei groben Hornspänen genauso wie beim mineralischen Depotdünger. Horndünger mit hohem Feinanteil, sprich Hornmehl, wirken allerdings sehr schnell. Auch zur Auswaschung wurden Versuche gemacht, die zeigten, dass Horndünger und mineralische Depotdünger ähnliche Auswaschungsraten haben. Doch wo geht der mit Hornspänen mehr gedüngte Stickstoff hin? Versuchen zufolge wird er weder ausgewaschen noch ausgegast. Die Experten vermuten, er wird im Substrat von Mikroorganismen gebunden – Versuche dazu laufen noch, wie Beltz betonte.

Als Alternative zu Hornspänen nannte der Referent Schafwollpellets, die wohl ähnlich wirken wie grobe Hornspäne, aber relativ teuer seien. Nachteil beim Einsatz von organischen Düngemitteln allgemein sei eine mögliche Schimmelbildung auf dem Substrat. Ohnehin würden sie besser wirken, wenn sie ins Substrat eingearbeitet sind, als wenn sie aufgestreut werden. Wer mit Hornspänen, anderen organischen Düngern und/oder Torfersatzstoffen arbeiten wolle, sollte sich he­rantasten, es gebe noch nicht genug Erfahrungen und die Ergebnisse schwanken je nach Substrat und Düngemittel. Auch sei auf eine ausreichende Versorgung mit Phosphor und Kalium sowie mit Spurenelementen zu achten.

Erfahrungen aus Straelen

In Straelen hat man sich auch mit der organischen Düngung von Callunen, Hortensien und Stauden befasst. Fazit von Peter Tiede-Arlt: „Organische Dünger wirken in der Regel nach vier bis zwölf Wochen; für längere Laufzeiten müssten organische und mineralische Dünger kombiniert werden. Kulturen mit Kulturzeiten von zwei bis vier Monaten lassen sich daher gut mit organischer Düngung versorgen. Auch bei organischer Düngung entstehen Nährstoffverluste durch Auswaschung oder Niederschläge. Im Sinne der Nachhaltigkeit müssten organische Materialien dennoch im Gesamtkreislauf stärker berücksichtigt werden. In Straelen experimentiert man daher beispielsweise mit aufbereiteter Rindergülle und Mehlwurmexkrementen.“

Sabine Aldenhoff

(Artikel aus GP 06/24)