Tunneltag in Auweiler: Remontierer und Stellagen im Fokus

Der Tunneltag war – trotz oder gerade wegen der Wetterkapriolen Ende April – gut besuchtFoto: Kühlwetter
„Nordrhein-Westfalen ist das Bundesland mit dem intensivsten Beerenanbau. Ein Viertel der deutschen Produktion stammt von hier“, so Karl Werring bei der Eröffnung des Tunneltags in Köln-Auweiler Ende April. Der Präsident der Landwirtschaftskammer betonte, dass in der Branche ein hoher Anpassungsdruck herrsche und es deshalb unerlässlich sei, sich über neue Sorten, Anbausysteme und Maschinen zu informieren. Zahlreiche Anbauer aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland nutzten den Tunneltag dafür, und für den Austausch mit Kollegen und Beratern.
Durch die milde Witterung im Winter und Frühjahr ist die Entwicklung der Erdbeerbestände ungefähr 14 Tage früher dran als üblich. Beerenobstberater Ulrich Herm führte das uneinheitliche Blühen vieler Bestände im Rheinland auf zu wenig Kältestunden zurück. Zudem habe die milde Witterung dazu geführt, dass die Bestände im Freiland zeitlich sehr dicht hinter denen im Tunnel sind. Der Kälteeinbruch im April habe zwar die Entwicklung insgesamt wieder leicht verzögert, aber „das Freiland bleibt dicht dran“. Durch die lang anhaltende Feuchtigkeit, in Kombination mit Dunkelheit durch wenig Sonnenstunden, sei die Botrytisgefahr sehr hoch. Ein weiteres Problem: Schnecken.
Remontierer im Wandertunnel
Vor allem im Rheinland werden remontierende Erdbeersorten häufig im Wandertunnel kultiviert und dafür im Herbst des Vorjahres (meist im August) gepflanzt. Ziel des Verfahrens ist es, einen möglichst hohen Ertrag früh im Jahr zu generieren, wo die Nachfrage hoch und der Preis gut ist. Als gut geeignet haben sich dafür v. a. `Murano´ und `Favori´ gezeigt, bei diesen reiften die ersten Früchte zeitgleich mit `Clery´. Allgemein liegt der Frühertrag der Remontierer bei rund 80 % des Ertrags von `Clery´. „Die Erträge im Sommer sind ebenfalls hoch, sodass das Verfahren für die Praxis empfohlen werden kann“, so das Fazit der Anbauberater.
Nach dem ersten großen Erntepeak folgt ein Tal, gefolgt von ein bis zwei langgezogenen Erntewellen im Sommer. Um die Pflanzen über die lange Zeit vital zu halten, müssen ein- bis zweimal die alten Blütenstände und Blätter entfernt, die Pflanzen geputzt, werden. Dies ist zeit- und arbeitsaufwendig. Seit 2021 läuft deshalb ein Versuch mit der Sorte `Hademar´ mit unterschiedlichen Putzvarianten. Das übliche Verfahren ist das Entfernen der alten Blätter und Blütenstände von Hand, 6-8 Blätter bleiben dabei stehen. Die intensivere Variante ist das Abmulchen auf 5 cm Höhe, was deutlich effizienter durchgeführt werden kann. Durch das tiefe Herunterschneiden der Pflanzen gehen allerdings Blüten verloren, der weitere Ernteverlauf schiebt sich zwei bis drei Wochen nach hinten. 2021 waren die Erträge beider Variante auf ähnlichem Niveau, 2022 und 2023 lagen die Erträge der abgemulchten Pflanzen etwas niedriger als die der händisch geputzten. Dem steht aber eine deutliche Arbeitskosteneinsparung gegenüber – das Abmulchen könnte also ein interessantes Verfahren für Remontierer sein.
Auch Juniträger werden in Auweiler im Wandertunnel zu Versuchszwecken angebaut. Ziel ist der Vergleich verschiedener Sorten hinsichtlich Frühzeitigkeit, Ertrag und Fruchteigenschaften. Neben Standardsorte `Clery´ waren das 2022 und 2023: `Flair´, `Glorielle´, `Twist´, `Rendezvous´, `Aprica´ (nur 2023) und `Seraphine´. Dabei reiften in beiden Jahren `Flair´ und `Glorielle´ (3 bzw. 6 Tage) vor `Clery´ und konnten zudem beide geschmacklich überzeugen. `Seraphine´ reifte ungefähr mit `Clery´ und konnte durch sehr guten Geschmack sowie ihre gute Fruchtqualität überzeugen. Die ertragreichsten Sorten waren `Rendezvous´ und `Aprica´ – diese erzielte zusammen mit `Seraphine´ – auch die höchsten Fruchtgewichte.
Stellagenanbau
Bei der Kultivierung von Remontierern auf Stellage werden in der Regel im Februar Wartebeet- oder Traypflanzen gesetzt. Der Hauptanteil der Ernte fällt dann aber auf Juli und August – hier könnte es bei Ausweitung der Stellagenkultur zu einem Überangebot kommen. Generell ist die Nachfrage nach Erdbeeren im Mai und Juni stärker. In Auweiler wurde deshalb ein Versuch mit `Favori´ angelegt, bei dem Topfgrünpflanzen Ende August gepflanzt wurden (6 Pfl./lfm) – mit dem Ziel, die Frühproduktion zu erhöhen. Das hat auch in den zwei Versuchsjahren 2022 und 2023 gut funktioniert. Rund 40 % des Gesamtertrags erfolgte jeweils im Mai, 20 % im Juni, 30 % im Juli und der Rest Anfang August. Bis zum 10.08. erfolgt die Ernte, dann wird für die Neupflanzung geräumt. Insgesamt konnte so in etwa der gleiche Ertrag erzielt werden wie mit einer Frühjahrspflanzung mit Ernte bis Oktober.
Ein weiterer Versuch auf Stellagen im Folienhaus widmet sich der Frage, in wie weit sich Wartebeet- und Traypflanzen in ihrer Leistungsfähigkeit unterscheiden. Erstere werden zudem unterschieden in Mittelschwere Wartebeetpflanzen (MWB) mit einem Wurzelhalsdurchmesser von 18-22 mm und Schwere Wartebeetpflanzen (HWB) mit einem Durchmesser >22 mm. Gepflanzt wurde `Malling Centenary´ jeweils Ende Februar. 2022 und 2023 waren Erträge und Fruchtgewichte bei HWB am höchsten, 2021 allerdings bei den Traypflanzen. Hier ist laut Sarah Francoise Meyer kein eindeutiger Trend zu erkennen. Grund könnte sein, dass die Qualität der Traypflanzen sehr unterschiedlich sein kann. Eine Klassifizierung z. B. nach Seitenkronen und Anzahl der zu erwartenden Blütenstände wäre deshalb anzustreben, so Meyer.
Geht es auch Torf?
Junior-Berater Samuel Adams stellte einen Versuch im Doppelfolienhaus vor, bei dem `Malling Centenary´ in unterschiedlichen Substraten kultiviert wird. Neben „Strawberry Excellent“ (40%Torf + Kokos + Perlite) als Standard werden drei torffreie Substrate und eine torfreduzierte Eigenmischung mit 28 % Torf + 30 % Miscanthus-Häcksel + Kokos + Perlite verglichen. Die Varianten ohne Torf sind „Softfruit Green“ (SG) aus Torfmoos + Kokos + Perlite, „Softfruit Green Bark“ (SGB) aus Torfmoos + Kokos + Pinienrinde und „TF PRO berry red“ (TF) aus Kokos + Hobelspänen + Perlite. Das Torfmoos, auch Accretio genannt, wird landwirtschaftlich angebaut und alle 10-15 „geerntet“, also geschnitten. Danach regenerieren sich die Pflanzen wieder und das Torfmoos kann später erneut geerntet werden. Es besitzt ähnliche Eigenschaften wie Weißtorf – es ist schließlich auch der Ausgangsstoff für dessen Entstehung.
Der Versuch läuft seit letztem Jahr und Adams stellte die Versuchsergebnisse aus 2023 vor. Gepflanzt wurde Mitte März 2023, der Erntebeginn war am 19.05. (bei SGB, TF und der Eigenmischung vier Tage später). Die Erträge waren bei SG, SGB und TF mit 6,2-6,4 kg/lfm auf gleichem Niveau wie die Standardvariante. Nur die Eigenmischung erreichte mit 5,6 kg/lfm deutlich weniger Ertrag, auch das Fruchtgewicht war (nur) in dieser Variante etwas geringer. Vermutlich lag das an der starken N-Festlegung im Substrat zu Versuchsbeginn. Der Berater der LWK empfiehlt, den Anbau von Juniträgern in torffreiem Substrat in der Praxis zu testen.
Ausblick
„Es gibt keine Allroundsorte mehr wie `Elsanta´, die in jedem System funktioniert, sondern es wird für jede Situation eine andere optimale Sorte geben“, fasste Simon Schrey zusammen. Um eine kontinuierliche Ernte zu gewährleisten, müssen mehrere Sorten, aber wahrscheinlich auch verschiedene Pflanzentypen und/oder Anbauverfahren kombiniert werden.
Auch am Standort Köln-Auweiler geht die Entwicklung weiter. Das Versuchszentrum Gartenbau wird durch ein Glas-Gewächshaus für den intensiven Erdbeeranbau ergänzt werden. 2025 soll es laut Kammerpräsident Werring fertiggestellt sein
Marion Valenta
(Artikel aus GP 06/24)