07.07.2023

GP 07/23: Großprojekt Bewässerung

Die Speicherbecken laufen parallel zur Autobahn bzw. Landstraße
Foto: Valenta

Auch in diesem Jahr scheint der Sommer wieder von Trockenheit geprägt. Laut Wetterexperten müssen wir uns da­­rauf leider in Zukunft noch öfter einstellen. Bleibt die Gesamtniederschlagsmenge ungefähr gleich, wird sie sich doch zunehmend ungleichmäßiger übers Jahr verteilen. Für Kulturen, die für gute Qualitäten auf ausreichend Wasser angewiesen sind, heißt es also bewässern. Aber was, wenn kein Grund- oder Oberflächenwasser zur Verfügung steht?

Im Meckenheimer Ortsteil Ersdorf ist das der Fall. Das Grundwasser liegt viel zu tief, um es für die Bewässerung der Obstplantagen anzuzapfen, und Oberflächenwasser kann ebenfalls nicht entnommen werden. Die kleinen Bäche in Ortsnähe fallen im Sommer sowieso alle trocken. Wie Guido Brünagel vom Wasser- und Bodenverband Ersdorf berichtet, hatte man auch überlegt, Wasser aus der Wahnbachtalsperre in das Anbaugebiet zu leiten. Aber das wurde aus Kostengründen wieder verworfen. So bleibt den Anbauern, die zusammen rund 160 ha Kernobstfläche bewirtschaften, nichts anderes übrig, als Trinkwasser für die Bewässerung zu nutzen.

 

Projekt seit 2018

2018 begannen sie dann mit der Planung des Projektes, die Firma Irriport aus Ingelheim am Rhein wurde mit der Gesamtplanung der Anlage betraut. Die Stadt Meckenheim verwies dann auf den Wahnbachtalsperrenverband, der u. a. die Stadt Bonn mit Trinkwasser versorgt, als Projektpartner. Dieser hatte aber Bedenken, dass die Menge an abgeleitetem Beregnungswasser die Trinkwasserversorgung gefährden könnte – u. a. während der Sommermonate. Aber gerade zu dieser Zeit wird das meiste Wasser für die Bewässerung gebraucht … Es ist also eine Bevorratung notwendig. Zusammen mit Irriport-Gründer Parssa Razavi stieg man in die Planung ein. Da die zu bewässernden Flächen in zwei Gebieten, getrennt von einer Autobahn, liegen, wurden zwei Speicherbecken realisiert. Allerdings liegen dort viele Flächen in der Umgebung auch in Naturschutzgebieten und können nicht so ohne Weiteres bebaut werden.
Die Lösung: Das eine Becken wird direkt neben der Autobahn, das andere an einer Landstraße platziert. Gesagt – getan. Die Grundstücke wurden vom Verband erworben. Im Nachhinein stellte sich aber he­raus, dass bestimmte Mindestabständen zu Autobahn bzw. Straße eingehalten werden müssen. Deshalb sind nur schmale, lange Becken möglich; zusammen fassen sie 24 000 m³ Wasser. Die Becken haben eine Tiefe von 9 m. Das sorgt nicht nur für ausreichend Volumen, sondern ermöglicht auch eine natürliche Umwälzung des Wassers. Das warme Wasser sinkt ab, kühlt ab und steigt wieder auf. So kann Algenbildung minimiert werden.

 

Wasser sparsam verwenden

Die knapp 160 ha Obstfläche werden in Zukunft über Tropfbewässerung versorgt, auf 70 ha ist zusätzlich eine Überkronenberegnung als Frostschutzmaßnahme in­stalliert. Um mit der vorhandenen Wassermenge auszukommen, haben sich die Anbauer für das Flipper-System entschieden. Mit dieser Art Regner wird nur der Baumstreifen beregnet, nicht aber die Fahrgasse. Das hat neben der Wassereinsparung auch den Effekt, dass die Fahrgassen gut befahrbar bleiben. Die Wassermenge der Becken reicht laut Herrn Razavi für vier bis fünf Frostnächte, dann müssen die Becken wieder befüllt werden, was mehrere Wochen dauert. „Zur Blüte muss das Becken voll sein“, meinte Guido Brünagel. Gesteuert wird die Befüllung vom Wahnbachtalsperrenverband, eine Leitung mit 60 m³ Durchfluss pro Stunde ist je an eine (Teil-)Anlage bei einem Becken angelegt. Damit wird entweder das Becken befüllt oder notfalls direkt bewässert.
Um günstiger an Wasser für die Speicherbecken zu kommen, ist angedacht, das anfallende Wasser aus den bereits seit vielen Jahren vorhandenen Drainleitungen einzuleiten. Das Drainagewasser könnte so sinnvoll genutzt werden. Auch der Bereich um die Becken und die Dämme sind drainiert – dieses Wasser könnte auch genutzt werden. Das Einleiten des Drainwassers könnte u. a. nach Starkregenereignissen auch dem Hochwasserschutz dienen, da das Wasser statt in die örtlichen Bäche ins Speicherbecken fließen würde. Sorge, dass der Naturhaushalt der Bäche sich dadurch verschlechtern würde, besteht nicht, da diese im Sommer sowieso trockenfallen. Generell ist Parssa Razavi der Meinung, dass es in Deutschland (noch) genug Wasser gebe – es müsse nur besser bewirtschaftet werden.
Die einzelnen Eigentümer steuern die Bewässerung ihrer Obstparzellen selbst. Sensoren liefern für die Entscheidung Daten über Bodenfeuchtesensoren und Wetterstationen. Automatisiert gesteuert werden soll nicht, u. a. bei der Frostschutzberegnung gibt es laut Herrn Razavi zu viele Risiken wie eingefrorene Ventile oder Regner.

 

Kostenintensives Projekt

Ging man bei der Planung 2018 noch von 3,5 Mio. € Kosten aus, sind es mittlerweile 7 Mio. €; u. a. Preissteigerungen bei Baumaterial und Arbeitsleistung ließen die Kosten in die Höhe schnellen. Da ist es nicht verwunderlich, dass Herr Razavi auf die Frage, was er rückblickend anders machen würde, antwortete: „2018 sofort mit dem Bau beginnen, dann wären uns sehr viele zusätzliche Kosten erspart geblieben.“ Das Land Nordrhein-Westfalen fördert das Projekt. Ursprünglich zugesagt waren 70 % der Baukosten, später wurde der Betrag allerdings gedeckelt, sodass die Anbauer jetzt mehr Kosten tragen müssen als ursprünglich gedacht. Für ihr Wasser müssen die Anbauer zukünftig ca. 1 €/m³ bezahlen.
Da sich Planung und u. a. Genehmigung und Bau leider ziemlich in die Länge gezogen haben, sind die Becken im Sommer 2023 zwar fertiggestellt, aber noch nicht gefüllt. Die Anbauer hoffen aber, zur nächsten Saison aus dem Vollen (Becken) schöpfen zu können.

Marion Valenta