Rekordernte am Bodensee

Erich Röhrenbach, Vorsitzender der Obstregion Bodensee (hier bei der Eröffnung der Apfelsaison im September) zieht nach dem Abschluss der Erntearbeiten ein positives Fazit und hofft auf einen erfolgreichen Verlauf der Verkaufssaison.Foto: Weiß
Obwohl die Saison 2024 alles andere als einfach war, stand am Ende ein Plus von 13 % im Vergleich zum Vorjahr. Damit war die Region Bodensee das einzige Apfelanbaugebiet in Deutschland, das ein Ernteplus aufweisen konnte. Doch nicht nur in Deutschland (Ernteminus 16 %), sondern auch in Europa waren die Erntezahlen witterungsbedingt um 11 % rückläufig.
Dabei hatte alles ganz anders begonnen – der milde Winter ließ die Vegetation früh starten mit dem Risiko von Spätfrösten. Aber dank der Wärmeabstrahlung des Sees, wegen seines Nebels im Winter oft gescholten, blieb die Region Ende April, im Gegensatz zu den anderen Anbauregionen, mit von Wolken bedecktem Himmel von Frostschäden weitestgehend verschont. Ein sehr nasses Frühjahr – im Mai lag die Niederschlagsmenge in der Region rund 230 % über dem langjährigen Mittel – machte die Anlagen schwer zu bewirtschaften. 700 Sonnenstunden von Juli bis Ende September mit Temperaturen im Tagesmittel bei knapp 19 °C versöhnten mit üppigem Wachstum. Die vortreffliche Wasserversorgung der Böden sorgte für ein gutes Wachstum der Früchte und eine schöne Größe der Äpfel. Die kühlen Nächte zu Beginn der Haupternte Ende September/ Anfang Oktober förderten eine schöne Ausfärbung der Früchte. Das Resultat: Eine Ernte von sehr guter Qualität mit großen Fruchtkalibern, guter Festigkeit und einem ausgewogenen Zucker-Säure-Verhältnis.
So konnte Erich Röhrenbach, der gemeinsam mit Thomas Heilig Vorsitzender der Obstregion Bodensee e. V. ist, zu Recht feststellen: „Durch das Können der Obstbauerinnen und Obstbauer, die professionellen Schutzsysteme und mit etwas Glück, das man bei der Arbeit mit der Natur immer braucht, ist es wieder gelungen, eine super Ernte sicherzustellen. Es ist immer eine große Freude, wenn im Herbst eine so schöne Ernte in der Kiste liegt. Darauf haben die Obstbauer-Familien das ganze Jahr mit viel Herzblut hingearbeitet.“
Gerade die Bewirtschaftungsform des bäuerlichen Familienbetriebes ist das, was das Anbaugebiet Bodensee auszeichnet und der Landschaft gerade hier ihren einzigartigen Charme verleiht. Einer Tatsache der sich auch die Ministerialdirektorin im Landwirtschaftsministerium Baden Württemberg Isabel Kling bewusst ist: „Die Bodenseeregion zählt zu den klimatisch weltbesten Anbaugebieten für aromatisches Obst. Wir in Baden-Württemberg setzen auf Regionalität von Lebensmitteln, und daher sind wir stolz auf die Arbeit unserer Obstbauerinnen und -bauer im Land. Sie prägen durch ihre Arbeit nicht nur unsere herrliche Landschaft. Sie pflegen dadurch auch die Natur, helfen das Klima und die Artenvielfalt zu schützen und produzieren darüber hinaus noch hervorragende Lebensmittel. Wir stehen an der Seite der Obstbauerinnen und Obstbauer und schaffen die Rahmenbedingungen, die dem Obstbau in Baden Württemberg eine Zukunft geben“, so vor einigen Monaten bei der Eröffnung der Apfelsaison. Nach Beendigung der Erntearbeiten erhalten diese Worte nochmals besondere Bedeutung.
Zur Ernte im Einzelnen: Mit rund 247000 t Äpfeln liegt die Erntemenge am Bodensee 2024 13 % über der Erntemenge des Vorjahres sowie über dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Sie liegt in diesem Jahr ca. 20000 t über den Ernteabschätzungen in Norddeutschland. Die höchste Einzelmenge mit einem Plus von 8 % gegenüber dem Vorjahr, liegt mit rund 60000 t bei der Jonagold Gruppe (`Jonagold´, Jonagored und Red Jonaprince) gefolgt von `Elstar´ mit 46000 t und `Gala Royal´ mit 36000 t. `Braeburn´ mit 30000 t folgt dann an vierter Stelle. Die Clubsorten Evelina®, Fräulein®, Magic Star®, Kanzi®, KIKU®, Cameo®, Rockit® und SweeTango® weisen mit einer Erntemenge von zusammen 50000 t ein Plus von 12 % auf. Ökologisch produzierte Äpfel machen am Bodensee mit rund 22500 t gut 9 % der Erntemenge und 11 % der gesamten ökologischen Apfelproduktion aus.
Bedingt durch rückläufige Ernten besonders in den osteuropäischen Anbaugebieten war der Mostobstpreis zu Saisonbeginn hoch und auch für Schälobst wurden gute Preise bezahlt. Indizien, die bei den Obstbauern die Erwartung nähren, nach Jahren verhaltener Preise in diesem Jahr auskömmliche Preise erzielen zu können. Wünschenswert wäre es zudem, wenn die Märkte endlich bei verpackter Ware weg vom nach unten gerundeten Kilo 6er-Pack zu einer grammgenauen Auspreisung kämen, wie diese für viele frische Lebensmittel wie z. B. Käse üblich ist.
Auch eine großzügigere Größenauslegung bei Beutelware (z. B. Durchmesser 60 – 85 mm) wäre eine Möglichkeit, hochwertige Äpfel als Frischware verkaufen zu können, statt diese ins Schälobst geben zu müssen. Gerade für Familien könnte diese Mischung eine sehr attraktive Alternative zum herkömmlichen Angebot darstellen. Einfache Maßnahmen, die zur Imageaufwertung und Wertschätzung des Produktes Apfel beitragen könnten und von denen gleichzeitig alle Obstbauer profitieren würden.
Bleibt zu hoffen, dass am Ende der Saison die durch Blütenfröste geschädigten Betriebe angemessen entschädigt werden, alle Erzeuger – nicht nur am Bodensee – sich über auskömmliche Erzeugerpreise freuen dürfen und diese dann auf hohem Niveau verbleiben. Denn die zukünftigen Herausforderungen werden sicher nicht geringer und wie Erich Röhrenbach zu Recht ausführte: „Umweltgerecht erzeugte Produkte kann es nicht zum Nulltarif geben“.
Armin Weiß