07.07.2023

GP 07/23: Öko-Feldtage 2023 - Auf in die autonome Zukunft

Herrliches Wetter und ein Riesenangebot an Informationen lockten Mitte Juni 12 000 Besucher an zwei Tagen zu den Öko-Feldtagen 2023 nach Ditzingen-Hirschlanden bei Stuttgart. Die Feldtage fanden erstmals auf einem privaten Praxisbetrieb statt, dem Biohof Grieshaber & Schmid. Der gastgebende Betrieb legt neben der landwirtschaftlichen Ausrichtung inklusive Rinderzucht einen starken Fokus auf den Feldgemüsebau. Ein besonderer Anziehungspunkt war, wie immer auf Feldtagen, die Maschinenvorführungen. Die Hacktechnik stand dort im Mittelpunkt.

Leichteres Handling ist angesagt

Die augenfälligste Innovation im Bereich Bodenbearbeitung kam vom kleinen Start­up-Unternehmen E-Terry GmbH mit Sitz in Erfurt. Die Entwickler verfolgen mit dem gleichnamigen E-Terry einen ganz neuen Ansatz, den sie als Industriedesignstudenten der Universität Hamburg-Harburg entworfen haben. Als Design & Development Ingenieur gab Goureesh Joshi am Stand Auskunft. Der noch als Prototyp gezeigte autonom fahrende Roboter ist aus Aluminium gefertigt und wiegt nach seinen Angaben nur 250 kg. Er besteht aus drei Armen und kann zusammengeklappt zum nächsten Einsatzort transportiert werden. Einer der Arme ist der Führungsarm. Die anderen beiden folgen, einer in der Spur, der andere auf der anderen Seite eines Beetes. Die Arme können zwischen 1,50 und 2,50 m Länge eingestellt werden. Das Gestell ist auch in der Höhe variabel und damit anpassbar an verschiedene Kulturen. Integrierte Kameras sollen über eine Vielzahl von Bildern so trainiert werden, dass sie jede Kulturpflanze auf dem Feld erkennen und alles weghacken, was nicht der Kulturpflanze entspricht. Die ersten Kulturen sind momentan Zwiebeln und Kartoffeln. Der Antrieb funktioniert über Lithium-Ionen-Batterien in einem Wechselakkusystem. Mit vier Batterien soll das Gerät acht Stunden Laufzeit haben, erklärte der Ingenieur am Stand. Die Navigation auf dem Feld funktioniert über RTK, GPS und visuelle Spurerkennung. Angedacht sind zwei Möglichkeiten des Einsatzes: Entweder der Landwirt erwirbt das Gerät und betreibt es eigenständig oder er bucht Lohnunternehmer, die das Gerät stundenweise über die Felder fahren lassen.
Zu Innovationen der Öko-Feldtagen zählte auch das Präzision-Hackgerät THP von Treffler, Pöttmes-Echsheim, mit einer Arbeitsbreite zwischen drei und sechs Metern. Jakob Hagemann erklärte es. Das Parallelogramm ist mittig aufgehängt, mit Stützrädern ausgestattet und folgt damit dem Bodenprofil. Das Gerät schneidet unerwünschte Beikräuter zwischen den Reihen und innerhalb der Reihen. Bei wechselndem Pflanzenbestand kann das Hackband unterschiedlich breit zwischen 3 und 14 cm eingestellt werden. Die Verstellung kann zentral und zeitsparend erfolgen. Die Reihenführung funktioniert über einen Verschieberahmen, kameragesteuert, die durch KI ständig dazulernt. Der Verfahrweg des Verschieberahmens von 1 m ermöglicht die Arbeit sowohl über (frühes Stadium) als auch zwischen den Pflanzenreihen (spätere Stadien). Ein wichtiges Feature ist die Sektionenaushebung im Vorgewende, das heißt, die Werkzeuge werden im Vorgewende automatisch hochgehoben, um Überlappungen zu vermeiden. Das Parallelogramm ermöglicht einen Aushub bis zu 60 cm zur Schonung der Kulturpflanzen. Hydraulisch können 150 kg Druck aufs Parallelogramm gegeben werden für ein besseres Arbeiten in harten, schweren Böden. Bei Böden mit geringer Tragfähigkeit kann das Parallelogramm entlastet werden. Der Hackrahmen ist doppelt gelagert.
Alles hängt an einem verlängerten Schlitz („Langloch“): Dieser bewirkt, dass sich mit dem Hakura-Verschieberahmen mit Hackgerät von der Feldklasse GmbH (früher Dülks) aus Meerbusch besser an kleinen Hügelkuppen arbeiten lässt. Das Gerät läuft in der Spur des Schleppers. Stützräder vor und hinter der Maschine halten die Hackwerkzeuge, die mit dieser Neuerung auch bei der Fahrt über kleine Kuppen immer in gleicher Höhe arbeiten.

Rein ins Gemüse

In den Selleriebeständen des Gastgebers zeigten gezogene und selbstfahrende Maschinen, wie sie zwischen den Reihen und in den Reihen Unkraut beseitigen können. Erfahrener und unterhaltsamer Moderator war Jonathan Kern, Berater für Ackerbau beim Bioland-Beratungsdienst Baden-Württemberg. Wie in fast ganz Deutschland waren die Felder nach Hitze und Trockenheit ausgetrocknet. Die Betrachter mussten Hitzeresistenz und Staubverträglichkeit mitbringen.
Den Start machte das Gerät Schmotzer Select mit AV4 4 x 75 der Schmotzer Hacktechnik GmbH aus Bad Windsheim mit Verschieberahmen mit Kamera und zwei Parallelogrammen. Montiert waren Gänsefußschare, um dem Kartoffeldurchwuchs auf diesem Acker Einhalt zu gebieten. Außerdem zwei Fingerhacken und fünf Vibrozinken für sehr flaches Hacken mit Hackmesser. Je nach Notwendigkeit können auch Häufelscheiben montiert werden.
Der Steketee EC Weeder, wird mittlerweile von der Firma Lemken, Alpen, vertrieben. An der Dreipunkt-Aufhängung sind verschiedene Modelle anbaubar. Seine Ausstattung: zwei Parallelverschieberahmen, Flachschare, Flachhäufler (innen), Fingerhacke (außen), zwei Kameras zum Abscannen, Spindelverstellung für die äußere Rolle.
Dieter Leibing ist ein ambitionierter Landwirt aus Gerstetten-Dettingen von der Schwäbischen Alb, der sich zum Tüftler und Bauer von Hacktechnik entwickelt hat und hinter der Leibing Maschinenbau GmbH steht. Seine Hacke ist nur für den Frontanbau vorgesehen und bis zu einer Arbeitsbreite von 12 m lieferbar. Sie wiegt weniger als 2 t. Typisch ist die Sichelform der Hackschare, die mit einem Gelenk pro Schar versehen wurden. Statt eines Parallelogramms mit Führungsrollen gleitet eine Hardox-Stahlkufe über den Acker und hält so die flache Arbeitstiefe der Schare ein, auch bei variablem Gelände. Eine Ausstattung mit Verschieberahmen wäre möglich.
Die Chopstar Prime-Hacke von Einböck GmbH, Dorf an der Pram/A, verfügt über verschiedene Parallelogrammarten. Beim Chopstar Twin läuft das Parallelogramm über der Reihe. Für den Betrieb in Dammkulturen sind die Parallelogramme mit zwei Rollen ausgestattet. Die neueste Entwicklung ist eine hydraulische Aufhängung in der Mitte, damit Funktionen rasch gewechselt werden können. Mit einem 30er-Werkzeugschlüssel sind alle drei Werkzeugträger rasch verschiebbar. Schneidscheiben sind für das Zertrennen von Mulch oder Maisstroh gedacht.

Digital unterstützt

Weiter ging’s zu digitalen Lösungen. Beim digital gesteuerten Garford Robocrop Inrow, den die Zürn Harvesting GmbH aus Schöntal-Westernhausen vertreibt, scannt die Kamera den Boden ab. Sichelförmige Jätemesser drehen sich im Kreis und „tanzen um die Pflanze“, wie es der Moderator beschrieb. Das Gerät arbeitet bis etwa 10 cm an die Pflanze he­ran. Die Kamera kann in verschiedenen Modi – rot-grün und Infrarot – betrieben werden, um die Pflanzen zu erkennen.
Der Steketee IC Weeder von Lemken hat einen Verschieberahmen unter der Haube und dort integrierte LED-beleuchtete Kameras, die unter der Abdunkelung die Pflanzen nach Grüntönen erkennen.
K.U.L.T. iSelect Robotik hat eine Sonnenabdeckung für seine Kamera. Er arbeitet bei einem Pflanzabstand von 12 bis 14 cm und ist mit vielen Ausstattungsvarianten versehen. Die Hackmesser hacken locker, „damit das Unkraut besser flitscht“, wie es der Firmenvertreter bezeichnete. Eine zusätzliche Fingerhacke und Metallzinken ziehen die Unkräuter he­raus.
Das Modell Ferrari Remoweed, vertrieben durch Plant Systems Europe im niederländischen Strijen, läuft unabhängig vom Zugfahrzeug. Unter der Haube ist eine Infrarotkamera angebracht, die erkennt, wo sich eine Pflanze befindet. Werden mehr als die vorgesehenen drei Reihen bearbeitet, macht man einfach Löcher rein. Die Kamera soll dies erkennen und sich automatisch anpassen.

Fahrerlos unterwegs

Autonom fahrende Geräte bildeten den futurischen Abschluss der Vorführung. Die Hersteller integrieren meist bekannte Hacktechnik bekannter Unternehmen. Der Farming GT der Farming Revolution GmbH aus Ludwigsburg (als Startup aus einem Boschunternehmen) ist aufgrund von Aluminiummaterial sehr leicht und wiegt etwa 1,5 t. Die Hacktechnik hängt dran, KI ist darin verbaut, die grün von grün unterscheiden kann. Vorne und hinten ist eine Kamera angebracht. Die Steuerung erfolgt über eine App. „Man kann vom Handy auf dem Sofa und von überallher zuschauen, wie das Gerät arbeitet“, meinte Kern. Das Gerät würde zu 99 % richtig detektieren. Es kann mit zwei Batterien oder einem Dieselaggregat betrieben werden.
Der AgBot 5204 (2.0) 55 kW (Zugfahrzeug), ausgestattet mit Schmotzer Select mit AV4 und geo-konzept-Features, sieht aus wie ein normaler Traktor, läuft aber vollelektrisch. Er benötigt einen 700-Hochvolt-Anschluss. Er ist mit mehreren unabhängigen Sicherheitssystemen ausgestattet, um maximale Absicherung zu bieten. Geo-konzept Deutschland muss einen Landwirt zertifizieren, dann darf dieser das Gerät bei sich einsetzen.
Beim Robotti (Zugfahrzeug) stecken die Motoren in zwei grauen Kisten. Er wird von einem Generator angetrieben und hat 54 kW, wird hydraulisch über eine Zapfwelle angetrieben. Er wiegt 3 t und ist RTK-geführt, die Spur wird geplant. Die K.U.L.T. iSelect Robotik übernimmt das Hacken. Beteiligt sind zudem geo-konzept GmbH/Agrointelli.
Der „große Naio“ von Naio-Technologies heißt Orio und wird von der BayWa vertrieben. Er wurde auch am Stand von BayWa vorgestellt, zusammen mit dem kleineren, schon in der Praxis etablierten Naio Oz. „Konventionelle Landwirte können von den Ökobauern lernen und Ökobauern, wie sie ökonomischer arbeiten können“, meinte Dr. Marlen Wienert, Vorständin der BayWa AG und selbst Ökobäuerin, an diesem Messestand. Die neue selbstfahrende Technik sei noch betreuungsintensiv und erfordere Spezialisten. „Die Technik wird sich auf Dauer aber durchsetzen“, ist sie überzeugt. Rund 30 000 € netto müsse man für ein kleines Gerät einplanen, das etwa 1 ha/Tag bewirtschaften könne. Der größere Bruder koste rund 170 000 €, mit Verschieberahmen rund 200 000 €, und könne 10 ha/Tag schaffen. Rund 230 der kleinen Oz-Roboter bewegen sich schon auf den Feldern und etwa 40 Orios, davon viele im Bereich Zuckerrübe. Doris Ganninger-Hauck