07.03.2024

Spart mechanischer Schnitt wirklich Zeit?

Das Schnittgerät FL 200 des italienischen Herstellers BMV wird durch einen flachen Riemen angetrieben und ist bei der Vorführung mit Sägeblättern ausgestattet

Bei FAMA können statt einem 2 m langen Balken auch zwei 1-m-Balken angebaut werden

Edward von der Fa. Fruit Tec kann als Grundträger mit Messerbalken, Sägeblättern oder Schlagmesser ausgestattet werden
Fotos: Kühlwetter

Die Arbeit auf den Höfen soll mit weniger Personal und/oder in weniger Zeit bewerkstelligt werden. Da drängt sich der maschinelle Schnitt doch geradezu auf. Aber was spart man damit wirklich? Auf Einladung der Landwirtschaftskammer NRW und des DLR Rheinpfalz trafen sich am 20. Februar rund 50 Anbauer auf dem Obsthof Cremerius in Meckenheim, um genau das zu diskutieren.

Mechanischen Schnitt gab es schon vor zwanzig Jahren, er wurde v. a. in pro­­blematischen Anlagen eingesetzt, erinnerte Obstbauberater Ralf Nörthemann. Allerdings waren die Ergebnisse alles andere als optimal. Und weil sich der Handschnitt weiterentwickelt hatte und die Anbauer damit gute Ergebnisse erzielten, war die Bereitschaft, maschinell zu schneiden, eher gering. Aber seit einigen Jahren ändert sich das wieder. Die schlechtere Verfügbarkeit von Arbeitskräften und der enorme Anstieg der Lohnkosten machen Mechanisierung für die meisten Betriebe unumgänglich.

Also einfach mit dem Messerbalken die Reihen entlang fahren und damit die Hälfte der Schnittzeit sparen? Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Auch Ralf Nörthemann musste eingestehen, dass man sich durch das maschinelle Schneiden nicht so viel Zeit einspare wie zuerst gehofft. Der manuelle Korrekturschnitt ist unbedingt notwendig und braucht wiederum Zeit. Lohnt es sich dann, in Technik zu investieren, wenn es nur zu einem „groben Vorschnitt“ reicht? Bei dieser Überlegung muss man berücksichtigen, was der maschinelle Schnitt neben der Zeitersparnis, die ja doch vorhanden ist, noch weitere Vorteile bringt.

Um mechanisch schneiden zu können, braucht es optimaler Weise eine Fruchtwand bzw. schlank geschnittene Spindeln. Durch diese Baumform werden auch viele Folgearbeiten einfacher und damit effizienter. Das beginnt bei der Blütenausdünnung mit dem Fadengerät, geht über die Entblätterung vor der Ernte für eine bessere Ausfärbung bis hin zur Ernte selbst. Es sind v. a. diese Vorteile, die auch Matthias Cremerius vom mechanischen Schnitt überzeugten. Bereits seit zehn Jahren wird dieser auf dem Obsthof praktiziert und man habe anfangs „sehr viel Lehrgeld“ bezahlt. Aber mittlerweile sei das System eingespielt.

Obstbauberater Peter van Arkel, der europaweit Anbauer zum Thema mechanischer Schnitt berät, erläuterte das Vorgehen beim manuellen Korrekturschnitt (wir berichteten in Ausgabe 01/2024). Kurz gesagt lautet van Arkels Credo: „Keep it simple!“ Das System, mit dem geschnitten wird, muss einfach und schnell zu lernen sein. Die Mitarbeiter „sollen nicht denken, sondern schneiden“, so van Arkel. Der Schnitt erfolgt in drei Stufen, wobei pro Arbeitskraft immer stur die gleiche Aktion ausgeführt werden soll:
1. Platz zwischen die Bäume schaffen,
2. Zu steile einjährige Triebe entfernen,
3. Die vertikale Baumspitze rausschneiden.
„Es muss eigentlich keine Wand sein. Wir brauchen Licht und Luft zwischen den Bäumen“, so van Arkel. Der Berater gab den Anbauern auch mit auf den Weg, dass sie nicht zu viel rausschneiden sollten. Durch die schmale Baumform müssen mehr Äste als beim herkömmlichen Schnittsystem vorhanden sein, um den gewünschten Ertrag erzielen zu können. Auch leicht hängendes Holz sollte nicht ganz entfernt, es sollte lediglich angeschnitten werden.

Maschinenvorführung
In der Anlage von Matthias Cremerius wurden Geräte von BMV, Fuit Tec und FAMA vorgeführt.

Das Schnittgerät FL 200 des italienischen Herstellers BMV kann über die Traktorhydraulik betrieben werden und wird über einen flachen Riemen angetrieben. Es können Sägeblätter oder ein Messerbalken angebaut werden. Die Messer eignen sich v. a. für den Schnitt von dünnerem Holz. Äste von 2-3 cm Durchmesser können mit der Balkeneinheit geschnitten werden. Dabei ist eine Fahrgeschwindigkeit von 1,5-2,5 km/h möglich. Die Kopfschneideeinheit ist bis zu 90° drehbar, kann also vertikal oder horizontal schneiden. Sie kann auch mit einem Taster ausgestattet werden, der die Schneideeinheit bei Pfählen usw. einschwenken lässt. Ein weiteres Gerät von BMV ist eine Fensterschnittmaschine, die in drei Höhen, die individuell eingestellt werden können, vertikal schneidet. Stämmen und Pfählen weicht die Maschine durch Schwenken der Arbeitseinheiten aus. Derzeit laufen ­erste Versuche in Kernobst mit der Maschine.

Edward von der Fa. Fruit Tec ist als Grundträger mit verschiedenen Geräten kombinierbar. Zum einen können Messerbalken in den Längen 1,95 m, 2,45 m oder 2,85 m oder eine Schneideeinheit mit rotierendem System (Sägeblätter oder Schlagmesser) in den Längen 1,90 m, 2,30 m oder 2,85 m angebaut werden, zum anderen eignet er sich aber auch für die Ausdünneinheit Darwin und die Entblätterungsmaschine REDpulse. Edward gibt es in den zwei Varianten Standard und Comfort, wobei nur die Comfort-Variante mit einem eignen elektronischen Steuergerät ausgestattet ist. Der horizontale Schneidebalken kann in dieser Variante automatisch ausschwenken. Die Schnittstärke gibt Fruit Tec bei den Messern mit 3 cm, bei den Sägeblättern mit 10 cm und bei den Schlagmessern mit 4 cm an.

Auf dem Obsthof Cremerius ist seit einigen Jahren ein Schneidegerät der Fa. FAMA im Einsatz. Dieses kann ebenfalls mit Messerbalken oder Sägeblättern ausgestattet werden. Der Vorteil des Messerbalkens: Die Klingen können einzeln getauscht werden. Statt einem 2 m langen Balken können auch zwei 1-m-Balken angebaut werden – damit kann man den Baum unten etwas breiter lassen als im mittleren/oberen Bereich. 3-4 cm dicke Äste lassen sich mit dem Gerät schneiden. Es sind auch Anbaugeräte für den Kopfschnitt und den Fensterschnitt verfügbar.

Marion Valenta

(Artikel aus GP 03/24)